Allgemeines: Übersicht

Wenn wir uns mit unserer Ernährung oder Ernährungsweise befassen, bekommen wir im Alltag – meist als Konsument:innen – nur immer einen Bruchteil von dem mit, was das sogenannte Ernährungssystem (im Englischen auch Food System) ausmacht. Die Komplexität hinter diesem System, damit wir z. B. im Supermarkt immer alles was unter Herz begehrt, ohne Mangel zur Verfügung gestellt bekommen, kennen wir gar nicht. Oft bekommen wir einzelne Details davon mit, z. B. durch Medienberichte über Skandale oder die politische Arbeit von NGOs. Ernährungsbewusste Konsument:innen beschäftigen sich wiederum gezielt mit etwas – je nach individuellem Bedarf.

Wir entscheiden als Konsument:innen, heißt es oft, meist an der Supermarktkassa. Es wäre bequem an der Kassa, zu sagen, bitte bezahlt die Erntehelfer:innen besser, wenn ich mir gerade eine vegane Tiefkühlpizza kaufe. Damit wird das Problem der Unterbezahlung und Ausbeutung nicht gelöst. Natürlich reagieren Händler:innen und Produzent:innen auf die Nachfrage – insofern wirken sich auch unsere Kaufentscheidungen schon aus. Aber, dass was wir als Konsument:innen ausrichten können, ist letztlich marginal.

Es braucht daher politisches Selbstbewusstsein. Dafür steht der Begriff Food Citizen: er beschreibt Menschen, die sich über Kaufentscheidungen hinaus Gedanken über ihre Ernährung und, unter welchen Bedingungen sie hergestellt wird, machen. Manche erkundigen sich über Alternativen, boykottieren Produkte, informieren andere über Missstände (z. B. über Social Media), protestieren, unterzeichnen Petitionen oder engagieren sich in Initiativen oder Organisationen, z. B. in der Bewegung für Ernährungssouveränität. Sie versuchen die Problemlage zu verstehen und Lösungen darauf zu finden, die von vielen mitgetragen werden.

Ein Auszug aus der gegenwärtigen Problemlage des Ernährungssystems – jedes dieser Beispiele folgt einer gewissen Betrachtungsweise, von denen es sehr viele gibt:

  • Die industrielle Landwirtschaft – der Hauptteil über die wir Lebensmittel in Österreich beziehen – setzt auf hohen Energieeinsatz in Form von Düngemittel, Pestiziden, schweren Maschinen und Futtermittel bei Tieren. Entsprechende Betriebe sind größer, setzen auf Monokulturen und benötigen billige Arbeitskräfte als Hilfe. Abnehmer:innen entlang der Wertschöpfungskette verlangen, dass diese Massenlebensmittel billig sind – nicht zuletzt auch Konsument:innen. Ist hier eine nachhaltige Bewirtschaftung oder faire Bezahlung möglich?
  • Landwirtschaftliche Arbeit – egal ob im industriellen Maßstab oder Kleinbetriebe, egal im Haupt- oder Nebenerwerb – ist anstrengend und nicht mit der Idylle aus der Werbung vergleichbar. Landwirtschaft bindet, Standards, Vorgaben und Erwartungen müssen erfüllt werden. Die Landwirtschaftsbetriebe sind über die letzten Jahrzehnte immer mehr gewachsen – auch Verarbeitungs- und Handelsunternehmen sowie die berühmten Agrarmultis (Saatgut und Pestizidhersteller). Wachsen bedeutet Investition und Technologisierung, um mit der Produktion billiger Lebensmittel mithalten zu können – die Alternative: Aufgeben. Wer tut sich an, unter diesen Bedingungen Landwirtschaft zu betreiben?
  • Das Ziel der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU seit ihrer Einführung Ende der 1950er Jahre ist es, ausreichend billige Lebensmittel den Konsument:innen zu bieten und dafür landwirtschaftliche Betriebe zu subventionieren. Begünstigt werden – nach wie vor – größere Betriebe. Profiteure sind daher Großbetriebe in Gunstlagen (d. h. die Bedingungen für Landwirtschaft sind gut; das Gegenteil wäre am Berg mit vielen Steilhängen) – auch Getränkehersteller mit Milliardenumsätzen bekommen Agrarsubventionen. Zwar steigen die Auflagen bzw. Anreize für Umweltschutz und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft, aber viele vor allem kleinbäuerliche Strukturen und NGOs kritisieren die GAP, weil sie durch Lobbying und auch durch die Interessen ihrer Mitgliedsstaaten verwässert wurde. Kann so die ambitionierte Farm-to-Fork-Strategie der EU so umgesetzt werden?

An dieser Stelle beenden wir diese Aufzählung, weil es noch viel mehr Geschichten und Sichtweisen gibt, eher allgemein wie dieser drei Punkte, oder ganz konkret. Über Kinderarbeit und Land Grabbing haben wir dabei noch nicht gesprochen, oder über: Palmölplantagen, Sojafuttmittel aus dem Amazonas, Tierethik und veganer/vegetarischer Ernährung, Regionalität, Klimaschutz und so weiter. Vieles werdet ihr über den Blog und die anderen Seiten noch erfahren, wenn ihr zurück auf die Startseite geht.

Lösungsansätze wären demnach:

  • mal Nein zu sagen, z. B. wenn mal ein Produkt zu euch lächelt – egal ob politischen, gesundheitlichen oder Umweltgründen;
  • nicht zum Billigsten greifen, sondern auf Gütesiegel achten: Qualität vor Quantität;
  • nicht beim Diskonter oder Supermarkt, sondern in kleinen Läden oder am Bauernmarkt einzukaufen oder sich an Lebensmittelkooperativen oder Solidarischen Landwirtschaften zu beteiligen;
  • sich in einer Initiative oder Organisation (politisch) zu engagieren.